Eine Rose aus Taiwan

(c) Elisabeth Stennes-Falter

Letztes Update 7.12.2020

Danksagung

Vor einigen Monaten schickte mir mein Freund Zijun Luo eine wunderschöne  Casper Ocarina.

Griffsystem: eine in meiner Sammlung noch nicht vertretene erweiterte Version des English Crossfingering. Darüber habe ich mich sehr gefreut! Danke!

 

Als ich Informationen über Casper Ocarinas suchte, waren mir Jeanne Conrad und Zijun Luo eine große Hilfe, indem Sie mir Links und Fotos schickten und den Kontakt zu Casper Ocarinas herstellten. Auch dafür ein großes Dankeschön!

 

An Casper Huang geht mein Dank für die Erlaubnis, Fotos seiner Facebook-Seite für meine Collagen nutzen zu dürfen.

 

Dieser Bericht stützt sich auf folgende Quellen:

- Casper Okarinas  Facebook-Seite

- Ein im November 2016 von Cambell Baxter veröffentliches Interview (>http://theocarinarepository.com/interview-casper-huang/)

-  persönliche Nachrichten von Casper

-  Erfahrungen von Jeanne und Zijun

-  eigene Erfahrungen mit dem Instrument

 

Informationen über die aktuellen Instrumente von Casper Ocarinas

Diejenigen, die sich regelmäßig über die neuesten Instrumente von Huang Chao Chung informieren möchten, finden auf der Facebook-Seite schöne Fotos von aktuellen Arbeiten. Auf der Infoseite erfährt man auch, wie man Okarinas bei Casper Ocarinas bestellen und über PayPal bezahlen kann.

 

Biografie des Okarinabauers Huang Chao Chung alias Casper Huang

 

Er wurde am 27.2.1957 geboren. Heute lebt und arbeitet er in Taipei, Taiwan als professioneller Okarina-Hersteller und Musiklehrer.

 

Sein chinesischer Familienname ist Huang. Chao Chung ist sein chinesischer Vorname. In Taiwan ist es üblich, sich an der Universität einen englischen Namen zu wählen. Deshalb trägt er neben seinem chinesischen Namen auch den englischen Namen Casper. Für alles, was mit Okarinamusik zu tun hat, benutzt Casper den Namen Huang Zhong Xian 黃中弦.

Casper? War das nicht ... Ja, genau! Als Casper Huang sich den Namen wählte, hatte er in der Tat den kleinen freundlichen Geisterjungen der Cartoon-Serie im Sinn, den er als Kind sehr liebte. > Wikipedia 

 

Casper Huangs Weg zur Musik
Casper Huang liebte die Musik bereits als Kind, hatte damals aber keine Möglichkeit, ein Musikinstrument zu lernen. So begann seine musikalische Laufbahn erst als Student. An der Universität erlernte er das Gitarrespiel, wurde aber erst sehr viel später Musiklehrer.
Zunächst arbeitete er viele Jahre in der Wirtschaft. Seine letzte Position in diesem Tätigkeitsbereich war General Manager der SC Johnson, Taiwan. 2002 ging er im Alter von 45 Jahren in den VorRuhestand. Die gewonnene freie Zeit nutzte er für sein liebstes Hobby: der Musik.

In einem Musikzentrum gab er nun Gitarrenunterricht und wurde auch Straßenkünstler; alles aus Freude an der Musik.

 

Caspers Weg zum Okarinabau

2005 begann Casper, sich mit Okarinas zu beschäftigen. Nach einigen Recherchen im Internet beschloss er, sich eine Okarina mit English Crossfingering-System zu kaufen und schon bald gelangen ihm die ersten Melodien.

Ende 2005 beschloss er, selbst Okarinas zu bauen. Auf diese Weise konnte er nicht nur mit dem Griffsystem experimentieren und den Tonraum erweitern, sondern auch die Formung des Klangs und andere Eigenschaften der Okarina verändern.

Aufgrund seiner Experimentierfreude begann er gleichzeitig 12-Loch-Okarinas zu bauen und konnte so beim Bauen die Eigenschaften unterschiedlicher Okarinatypen vergleichen.

 

Caspers Produktpalette

2005 war die Zeit, in der immer mehr Okarinabauer in verschiedenen Ländern an Mehrkammer-Okarinas tüftelten und immer mehr Variationen des auf der Vicinelli-Doppia basierenden Griffsystems entstanden.

Auch Casper entwickelte Doubles, Triples und Quadruples und erarbeitete eine vielseitige Produktpalette zu der auch kompakte Instrumente gehören, die wie kleine Travers-Okarinas aussehen. Sie zeigen 7 oder 8 Grifflöcher in einer Anordnung, die man auf den ersten Blick nicht so recht zuorden kann.

Bei näherem Hinsehen erkennt man die Lochanordnung einer erweiterten Form des English Crossfingering. Basis ist eine 7-Loch-Version des English-Crossfingering, die in 2 Variationen mit einem Subhole ergänzt wurde.

Da ich dieses Griffsystem sehr mag und meine Sammlung darauf abzielt, verschiedene Griffsysteme zu studieren, ist die ca. faustgroße 8-Loch Okarina von Casper ein interessantes Studienobjekt für mich.

Beim Betrachten der Fotos fragte ich mich, wie diese Form wohl in den Händen liegen mag. ...
Inzwischen kann ich sagen: Diese Form ist für meine Hände sehr bequem zu halten und zu spielen!

Als ich im Sommer Zijun Luos Päckchen mit verschiedenen wunderbaren Geschenken beim Zoll abholen durfte, war die Freude groß!
Für die ersten Fotos wartete ich auf das Licht der Abendsonne. Da kamen die warmen Farben dieser aus Ton gefertigten Okarina besonders schön zur Geltung. Der matte Glanz entsteht durch den Überzug mit giftfreiem, speichelfestem Lack. 

Die aufgestempelte Rose ist eine hübsche Dekoration, der Casper Hunag keine tiefere Bedeutung zugedacht hat. Der eingeritzte geschwungene Schriftzug besteht aus den chinesischen Schriftzeichen für Huáng Zhōng Xián, woraus die Übersetzungsmaschine  "Gelbe mittlere Schnur" macht.

 

黃 中 弦

 

Vorbilder - Quellen der Inspiration

Casper Huangs wohl wichtigstes Vorbild ist der Japanische Musiker, Komponist und Okarinabauer Sojiro, dessen Musik und Instrumente er besonders inspirierend findet.

Wie Okarinas gebaut werden, brachte er sich selbst bei. Das funktioniert nicht allein mit DIY-Anleitungen aus dem Internet. Um herauszufinden, warum und wie sich Klang, Stimmung und Form der Okarinas unterscheiden, kaufte er verschiedene Instrumente, übte, darauf zu spielen, baute sie zunächst nach und zog dann seine Lehren daraus. Nach allem, was ich bisher über gute Okarinabauer erfuhr, ist das wohl der wichtigste Teil des Selbststudiums beim Okarinabau. Anschließend finden gute Okarinabauer zu ihrem eigenen Stil.

In dem Interview von 2016 machte Casper eine Feststellung die ich in ähnlicher Weise auch schon bei anderen Okarinabauern las: "Ich glaube nicht, dass wir jemals eine perfekte Okarina hinbekommen werden. Da wird stets Raum für Verbesserungen bleiben." Bei dieser Aussage bezieht er sich auf Sojiro, der einmal gesagt haben soll, dass er von den ungefähr 10.000 Okarinas, die er im Laufe der Jahre baute nur 20 für sich ausgewählt habe.

 

Schritte in die Öffentlichkeit

2011 meldete Casper seinen YT-Kanal an.

2012 startete Casper seine Facebook-Seite und meldete sich im TON = The Ocarina-Network an.

Schon bald gewann er erste Unterstützer, die die Qualität seiner Instrumente lobten. Dadurch wurde er nach und nach in der westlichen Ocarinacomunity bekannt.

Die ältesten Musikbeispiele in Sound Cloud sind aktuell 7 Jahre alt; wurden also 2013 hochgeladen.

In den Videos werden seine Instrumente unter anderem von  游學志  Yóuxué Zhì gespielt.  Yóuxué Zhì ist ein sehr populärer Musiker aus Taiwan, der viel zur Popularität der Ocarina in Taiwan beiträgt.

Casper spielt seine Ocarinas natürlich auch selbst. Hier präsentiert er seine neue 2020ger Collection Pendant Ocarinas.

Weitere Videos hier: Casper Ocarina

 

Herstellung

Huang Chao Chung alias Casper Huang zeigte kürzlich (Oktober 2020) auf seiner FB-Seite eine umfassende Fotoserie vom Herstellungsprozess der Okarinas, die ich für meine Webseite zu Collagen zusammenstellen durfte.
Das Grundprinzip der Okarinaherstellung liest sich einfach: Er formt die Okarinas mit Hilfe von Matrizen. Die getrockneten Rohlinge werden gestimmt und dann gebrannt. Nach dem Brennen werden sie erneut gestimmt und dann mit einer Schutzschicht überzogen. Aber wie so oft steckt auch hier der Teufel im Detail. Wer sich die Fotoserie genau ansieht, erkennt einen aufwändigen Arbeitsprozess, der viel Zeit, Geduld und Geschick erfordert.

1. Ton kneten, um ihn gut zu durchmischen und eingeschlossene Luft zu entfernen;
2. Ton sorgfältig in die Form drücken;

3. überschüssigen Ton mit einem Draht plan abschneiden;

4. das geformte Tonstück aus der Matrize lösen; > ergibt eine Okarinahälfte;

5. Wenn auch die 2. Okarinahälfte geformt und der Windkanal gestochen wurde, müssen die Okarinahälften trocknen, bis sie lederhart sind. In diesem Zustand ist der Ton durch den Wasserentzug ziemlich stabil und der geformte Gegenstand ist geschrumpft.

6. Okarinahälften aushöhlen;

7. Fenster und Rampe schneiden, formen, versäubern;

8. Grifflöcher bohren und versäubern;

9. Kontaktflächen bzw. Klebeflächen der beien Okarinahälften aufrauhen;

10. auf die aufgerauhten Flächen Tonschlicker auftragen;

11. die geschlickerten Flächen gegeneinander drücken und den ausquellenden Schlicker versäubern;
12. Okarina stimmen

13. - 17. Oberfläche der Okarina ebnen, verdichten und polieren; Grifflöcher, Rampe, Fenster und Windkanal kontrollieren und bei Bedarf säubern;

18. Signatur einritzen;
19. Okarina trocknen;

20. Okarinas frisch gebrannt

 

In jeder der so entstandenen Okarinas steckt nicht nur viel Zeit, sondern auch Leidenschaft und Liebe für diese Instrumente, Erfahrung und Wissen.

 

Stimmen dazu aus dem Forum TON im Dezember 2020:

 

Jeanne:

"I've always admired Casper's skill as a maker. He is meticulous in his technique. You will never find a jagged edge or lumpy bumps on the surface of his ocarinas. Everything is very clean and tidy."

Ich habe Caspers Fähigkeiten als Hersteller immer bewundert. Er ist akribisch in seiner Technik. Sie werden niemals eine gezackte Kante oder klumpige Beulen auf der Oberfläche seiner Okarinas finden. Alles ist sehr sauber und ordentlich.

 

Mark:
"I love his pendants. I wish I still have all of them. There was a "only-play-one-ocarina" movement on TON that got into my head so I sold as many ocarinas as I could even if I loved them. What a mistake that was. 😤 I love the extension notes that Casper's have that are not present in the standard six hole."
Ich liebe seine Anhänger. Ich wünschte, ich hätte noch alle. Es gab eine "Only-Play-One-Ocarina" -Bewegung auf TON, von der ich mich beeinflussen ließ. Also verkaufte ich so viele Ocarinas wie möglich, selbst wenn ich sie liebte. Was für ein Fehler das war. 😤

Ich liebe die Erweiterungen des Griffsystems von Casper, die Töne ermöglichen, die im Standard-Sechsloch nicht existieren.

 

Griffsystem - Reichweite - Blasdruckkurve

8 Löcher / 7 Finger

Tonleiter: 7 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

 

Die 8-Loch-Pendant ist eine Erweiterung der zuerst gebauten 7-Loch-Pendant. Der Tonraum von Caspers 7-Loch-Pendant entspricht dem einer 10-Loch-Travers-Okarina. Durch die Ergänzung mit dem Subhole erhielt sie dann den Tonraum einer 11-Loch-Travers-Okarina.

Bei Casper Ocarina sind zwei verschiedene 8-Loch Okarinas mit English Crossfingeringing erhältlich. Sie werden beide mit 7 Fingern gespielt.

Die mir inzwischen vertraute Version hat ein Doppelloch im Bereich des rechten Mittelfingers. Eine andere Version hat das Doppelloch im Bereich des rechten Zeigefingers.

Das Doppelloch besteht aus einem Halb- und einem Ganztonloch. Schließt oder öffnet man die beiden Löcher gleichzeitig, entsteht eine kleine Terz. Deshalb ist das Doppelloch kein Splithole.

Ein Splithole teilt ein Ganztonloch in 2 Halbtonlöcher, wird meistens als Einheit gespielt und soll das Greifen einer chromatischen Zwischenstufe erleichtern.

Bei diesen Okarinas ist das kleine Halbtonloch ein Subhole, mit dem man die Septime unter dem Grundton der Okarina erreicht. Dieser Leitton erweitert den Tonraum der einfachen englischen 6-Loch-Pendant um einen Halbton nach unten.

Das Subhole im Bereich des rechten Mittelfingers entspricht den Spielgewohnheiten auf einer taiwanesischen 11- oder 12-Loch-Okarina.

 

Das Griffloch im Bereich des linken Ringfingers verlängert den bei 6-Loch-English-Pendant üblichen Tonraum nach oben. Eine in C gestimmte Casper-Pendant-Okarina reicht mit diesem Griffsystem von H4 bis F6. Das entspricht dem Tonraum einer 11-Loch-Okarina!  Dieser Tonbereich ist nur ein Beispiel. Casper Huang baut die Crossfingering Okarinas in verschiedenen Stimmlagen: Sopran, Alt, Tenor

 

Die Intonation der 7. Stufe ist Casper Huang sehr gut gelungen. Beim erweiterten English Crossfingering mit zwei großen Daumenlöchern ist dies oft kritisch. Ich hatte schon verschiedene Instrumente in der Hand, bei denen die Intonation mit Hilfe des Blasdrucks korrigiert werden muss. Nicht so bei dieser Casper Ocarina.

Die gut ausbalancierte Intonation ist für eine nur flach ansteigende Blasdruckkurve ausgelegt. Für den Leitton ist lediglich ein minimaler Druckwechsel notwendig, der keinerlei Bruch in der Lautstärke bewirkt. 

Wenn man viele unterschiedliche Okarinas spielt, muss man erst einmal die Blasdruckkurve erkunden. Bei dieser gelang mir die Eingewöhnung sehr schnell, da sich die Blasdruckkurve dieser Okarina für mich sich sehr natürlich anfühlt. Ich finde sie sehr angenehm zu spielen.

Um die für eine Okarina optimale Blasdruckkurve herauszufinden, variiere ich beim Skalenspiel immer wieder den Blasdruck, horche auf die Änderung der Klangfarbe und erkunde die Beweglichkeit der Intonation.

Meine Casper Ocarina spiele ich am liebsten mit mittlerem Blasdruck. Bei Bedarf kann die Intonation noch etwas nach oben oder unten angepasst werden. Dabei bleibt das Instrument stets in sich stimmig.

Die Grifftabelle

Die Grifftabelle zeigt die Stammtonleiter für C-Dur auf den weißen Feldern

und die chromatischen Zwischenstufen auf den grauen Feldern.

Die Doppelbezeichnung H / B verweist auf die unterschiedlichen Benennungssysteme für diesen Ton.

Mit dem 7. Griffloch und dem Subhole sind einige Alternativ-Griffe möglich, deren Vorteile sich bei zunehmender Praxis mit dem Instrument zeigen.

Das Quadrat im Zentrum der Griffbilder markiert den Bereich einer 4-Loch English Crossfingering Ocarina. Das oben einzeln stehende Griffloch wird vom linken kleinen Finger abgedeckt. Dieser wird als letztes abgehoben. (geschlossen = schwarzer Punkt / geöffnet = offener Kreis)

Die beiden untersten Punkte symbolisieren die Daumenlöcher.

 

Für das Cis greife ich über das größere C-Loch hinweg, um das kleine Subhole mit der Fingerkuppe zu schließen. Beim Dis wird das  Doppelloch komplett abdeckt.

Musikrepertoire - Notenhefte

Das Notenrepertoire für diese Okarina entspricht dem der 11-Loch-Travers-Okarina. Die für die 10-Loch-Travers-Okarina und für die 9PLUS-Okarina angebotenen Notenhefte  können alle für dieses 7-Loch-EnglishCrossfingering umgeschrieben werden.

Das Repertoire für die englische 4-Loch-Okarina ist inclusive Griffbilder (Tabs) mit dem Griffsystem dieser Okarina kompatibel.