Manualzithern

Manualzither ist die Bezeichnung für Zitherformen, bei denen mit dickem Filz belegte Dämpfer quer über den Saiten angeordnet sind. Kleine Lücken bzw. Aussparungen im Filzstreifen sorgen dafür, dass die zu einem Akkord gehörenden Saiten schwingen können, während die restlichen durch das Niederdrücken des Dämpfers stumm gehalten werden und beim Überstreichen nur leise klicken. Zu dieser Instrumentengruppe gehören Autoharp und ChromAHarp, sowie die von Hopf gebauten Harfenzithern.

 

Auf Internet-Auktionen findet man immer wieder alte und neue Instrumente verschiedener Hersteller. Darunter auch Fabrikate aus Firmen, die heute längst nicht mehr existieren.

 

Deren Qualität kann und will ich nicht beurteilen, da ich nur ein einziges (mein) Sammlerstück kenne.

 

Ganz allgemein kann ich dazu nur sagen, daß es sehr von der Lagerung der alten Instrumente abhängt, ob diese auch nach vielen Jahren noch bespielbar sind oder nicht. Aus diesem Grunde setze ich die Preisgrenze bei der Ersteigerung solch alter Instrumente, deren Zustand ich nicht prüfen kann, sehr tief an. Im Prinzip kaufe ich sie erst einmal als Dekorations- und Präsentationsstück und schaue später, ob ich mehr draus machen kann. Auf "Sammlerpreise" lasse ich mich nicht ein.

 

Accordzither-Serie von J. T. Müller in Dresden

Vor ein paar Jahren ersteigerte ich eine Müller Accordzither "Erato". Im Moment (2013/06) sieht es so aus, als hätte ich da ein seltenes Sammlerstück ergattert, das angeblich sehr hohe Preise erzielt. Im Internet sind nur wenige Informationen über dieses Instrument zu finden. Einer alten Anzeige der Firma Müller ist zu entnehmen, dass die "Erato" die größte Version einer aus vier Modellen bestehenden Bauserie war, die die in Dresden-Striesen ansässige Musikinstrumenten-Fabrik von Julius T. Müller fertigte.

Die Instrumente dieser Bauserie sind nur vereinzelt in Auktionen zu entdecken. Die Namen der Modelle fand ich in einem Prospekt von 1895 (Quelle: studia-instrumentorum.de):

 

  • Monopol (6 Manuale, in G-Dur spielbar)
  • Arion (10 Manuale, in 3 Tonarten C-, G- und D-Dur spielbar)
  • Orpheus (11 Manuale, in C-, G-, D-Dur, E-moll spielbar)
  • Eratro (37 Saiten 36 Akkorde)

 

Da diese Modelle alle beschriftet sind, lassen sie sich problemlos identifizieren.

Mein gewichtiges Schätzchen ist eine "Müller's Erato-Harfe". Der Vorbesitzer überließ mit dem Instrument eine mehrtönige Stimmpfeife, Notenhefte und eine Dose mit Kappen, die man über die nicht benötigten Manual-Knöpfe steckt, um sich die Orientierung auf dem Instrument zu erleichtern. Instrument und Koffer waren ziemlich verschmutzt. Doch mit viel Geduld wurde wieder ein ansehnliches Schmuckstück daraus. Irgendwann sollen mal die fehlenden Saiten ersetzt werden, damit das gute Stück wieder voll bespielbar ist.

Bei genauer Betrachtung der auf der Webseite des Musikinstrumentenmuseums der Uni Leipzig abgebildeten Anzeige fällt auf, dass mein Instrument sich in einigen Details von der Abbildung unterscheidet. Die Zeichnung entspricht einer im Musiker-Board vorgestellten Version, von der ich noch ein weiteres etwas besser erhaltenes Exemplar in einer Auktion fand.

 

Die Unterschiede zwischen meiner großen braunen Müller Erato-Harfe und der schwarzen Müller Accordzither Erato im Einzelnen:

 


meine Zither

große braune Müller Erato-Harfe

im Prospekt abgebildete Zither

Müller's Accordzither "Erato"

Beschriftung Müller's Erato-Harfe Müller's Accordzither "Erato"
Besaitung 37 Melodiesaiten + 6 Basssaiten

37 Melodiesaiten

 

Anzahl der Manuale 13

12

Beschriftung der Saiten

dicker, breiter Pappstreifen unter den vollchromatischen Melodiesaiten mit Tastaturabbildung und fortlaufenden Zahlen von 1 bis 37;

unter den Bassaiten Noten im Bassschlüssel und fortlaufende römische Zahlen

schmaler Pappstreifen (anscheinend an der Manualabdeckung befestigt) mit fortlaufenden Zahlen von 1 bis 37;

Form

rund;

an Konzertflügel oder Harfe erinnernd;

eckig;

Lasur-Farbe

braun

schwarz

Auf der Webseite http://www.music-treasures.com/cittern.htm ist ein Instrument zu sehen, das mit meinem im Wesentlichen identisch ist. Lediglich die Dekoration auf der Manualabdeckung ist etwas anders.

Musikinstrumentenbau Julius T. Müller

Über den Hersteller dieser Zithern ist im www kaum etwas heraus zu bekommen.

Auf einer niederländischen Webseite entdeckte ich Juni 2013, dass alte Dokumente eines Musikalienhändlers aus Delft zum Verkauf angeboten wurden. Darunter 2 Dokumente, die regelmäßige Geschäftskontakte zwischen der Musikinstrumentenfabrik J.T.Müller und dem Musikalienhändler Rahn in Utrecht (NL) vermuten lassen. Außerdem kann man diesen Dokumenten ein paar interessante Details über die Firma J.T.Müller entnehmen.

 

Im aufwändig gestalteten Briefkopf der Rechnung vom 13. 6. 1898 ist das Firmengebäude zu erkennen. Hinter dem Schornstein liegt ein großer Park mit runden, geschwungenen Wegen. Im Hintergrund erkennt man die Elbe mit Frachtschiffen. Dahinter steigen bewaldete Hänge auf.

Ein weiteres Bild im Briefkopf gewährt einen Blick in die Produktionshalle.

 

Der Kontoabrechnung vom 5. Nov. 1898 ist die genaue Adresse der Musikinstrumentenfabrik zu entnehmen:

Dresden-Striesen, Bärensteinerstraße 5.

Die ist in Satellitenbildern und OSM-Karten problemlos zu finden. Eine Fabrik steht da aber nicht mehr.

Auf dem Titelblatt einer auf "Makt Plaza" angebotenen "Praktische Schule zu Müllers's Accordzither ERATO" wird Dresden-A. als Adresse des Herausgebers Julius Müller angegeben. Auf meinem Notenheft "Liederperlen Heft 2" taucht diese Adresse ebenfalls auf. Da auf Heft 5 und Heft 6 Dresden-Striesen zu lesen ist, nehme ich an, dass dies der letzte bekannte Standort ist.

Weitere Hinweise auf den Verbleib der Firma konnte ich bislang nicht finden.

Zurück zum Briefkopf der Rechnung von 1898. Darin wird außerdem stolz auf die Spezialität des Hauses hingewiesen: Müllers Accordzithern

Unter dem geschwungenen Schriftzug ist die eckige Version der "ERATO" zu erkennen, die die D.R.Patent No 74663 erhielt.

Für die "ERATO" in geschwungener Form gibt "Boston Antiques and Art" die D.R.P. No 75089 an. Den Nummern nach könnte man annehmen, dass die "ERATO-Harfe" eine Weiterentwicklung der etwas kleineren "Accordzither Erato" ist. Belege konnte ich dafür allerdings bislang nicht aufspüren.

Auf der Webseite des Musikinstrumentenmuseums der Uni Leipzig wird zwar Müller's Accordzither Erato genannt. Doch in der Inventarliste wird keine Erato aufgeführt.

 

Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck weist dagegen in der Liste der Erwerbungen 1979 in der Musiksammlung eine ERATO aus und nennt dafür die Inv.Nr. 283. Da die Liste keine Abbildungen enthält, läßt sich leider nicht via Internet feststellen, um welche Erato es sich handelt.

Auf der Wikipediaseite "Autoharp" werden die Instrumente von Julius T. Müller nicht erwähnt, obwohl kleinere Modelle mit offenen Manualen den abgebildeten Instrumenten ähnlich sehen. Eine Wikiseite zum Thema "Manualzither" gibt es bislang nicht.

Die Accordzither ERATO von J.T. Müller weist gegenüber kleineren Manualzithern eine Besonderheit auf:

In den Öffnungen der Manualabdeckung können die Griffe der Manuale in drei verschiedenen Positionen einrasten. Dadurch lassen sich mit jedem Manual 3 verschiedene Akkorde spielen.