Wow! ... A Flute ...

(c) Elisabeth Stennes-Falter

15.8.2020

Gehört und gelesen hatte ich von der WoW-Flute bereits vor einigen Jahren, jedoch hielt ich noch nie eine in den Händen. Und nun hat sie mir ein lieber Mensch geschenkt! Wunderbar! Danke!!!!

In der Ocarina-Community, so hatte ich wiederholt den Eindruck, ist die kleine Taschenflöte nicht all zu gut gelitten. Der schlimmste Vorwurf für eine Flöte: Die ist nicht richtig gestimmt. Hmmmm …

Joseph Cowlishaw, der diesen farbenfrohen Anhänger kreierte (Verkaufsstart 2009), veröffentlichte 2013 eine Grifftabelle auf seiner Webseite, nach der man eine 8-stufige Tonleiter spielen können soll. Außerdem zeigt er eine Tab-Sammlung, also Griffbildnoten, die mit seiner 6-löchrigen Flöte gespielt werden können. Nun konnte ich ausprobieren, wie das Griffsystem der WoW-Flute funktioniert.    Und mit etwas Geschick funktionierte das tatsächlich, …   für mich jedoch etwas anders, als dort vorgeschlagen.

Grund: Mit der von Cowlishaw vorgeschlagenen Griffweise fand ich keine gut ausbalancierte Blasdruckkurve. Hält man sich an seine Grifftabelle, müssen die Töne mal mit stärkerem und dann wieder mit schwächerem Blasdruck gespielt werden. Dadurch verläuft die Blasdruckkurve im Zickzack. Beim Herumdudeln war aber schnell klar: Der Klang ist schön. Außerdem sieht die kleine Flöte aus Polymer-Ton *)  exakt gearbeitet aus, so dass ich davon ausgehe, dass andere WoW-Flutes genauso funktionieren, wie meine. Also machte es Sinn, nach einer neuen Interpretation des Griffsystems zu forschen, die eine sich gleichmäßig entwickelnden Blasdruckkurve ergibt. Wie mochte die aussehen? Hatte ich in meiner großen Grifftabellensammlung bereits etwas Ähnliches?

Um diese Frage zu beantworten, muss man sich die Größe der Grifflöcher ansehen. Fünf von sechs Grifflöchern sind bei der WOW-Flute gleich groß. Das erinnerte mich sofort an die sogenannten "Peru-Okarinas". Untersuchungen dieser Instrumente hatten mir gezeigt: Je nach dem, wie groß die Grifflöcher sind, ergeben sich beim Öffnen eines einzelnen Grifflochs ein Terz- (klein/groß) oder Quart-Sprung. Die Intervallgröße wirkt sich auf die gesamte Tonleiter und die Blasdruckkurve aus. Das folgende Beispiel hat Grifflöcher, die eine kleine Terz ergeben.

 

Das Griffsystem der WoW-Flute ist dem dieser Peru-Okarina sehr ähnlich.

Hier nun ein paar Tipps, wie man das Griffystem der WoW-Flute erkunden kann.

 

Zuerst schließe ich alle Löcher, atme tief ein und lasse dann die Luft mit einem langen, konstanten Luftstrom durch die Okarina fließen. Dabei öffne und schließe ich jedes einzelne Griffloch, um zu hören, ob sie dasselbe Intervall ergeben oder nicht. Sobald der Blasdruck schwächer wird, muss neu eingeatmet und verglichen werden.  ---

Die kleinen Löcher der hübschen WOW-Flute ergaben bei meinen Tests mit mittlerer Blasstärke spontan eine kleine Terz (b3). Auf Cowlishaw's Grifftabelle war dagegen eine große Terz ( C > E ) abzulesen. Also experimentierte ich mit dem Blasdruck weiter.

Interessanterweise verändert sich beim Absenken des Blasdrucks nicht nur die generelle Stimmhöhe der Okarina, sondern auch das Intervall der kleinen Grifflöcher. Mit schwachem Blasdruck ergab sich bei meinem Instrument beim Öffnen eines kleinen Grifflochs überraschenderweise eine große Terz (3). Das passt zu Cowlishaw's Grifftabelle. Aber dann geht es völlig anders weiter.

Beim Öffnen von zwei kleinen Löchern scheint es mit der Softblowtechnik nicht mehr zu gelingen, auf die Quarte (4) zu kommen. Die Quinte (5) ist dagegen gut spielbar.  Kleine Schwankungen des Blasdrucks führen beim Experimentieren immer wieder zu deutlichen Änderungen der Intonation. Daher ist es gut möglich, das Leser dieses Berichts zu anderen Ergebnissen kommen.

Eine der gefundenen Variationsmöglichkeiten seht Ihr in der folgenden Grifftabelle: Start mit niedrigem Blasdruck, dann ab 5 moderat steigern.

Beim Öffnen jeden weiteren Grifflochs bestätigt sich die Erfahrung, dass die Intervalle ohne Steigerung des Blasdrucks immer kleiner werden, obwohl die Grifflöcher gleich groß sind. Eine ansteigende Blasdruckkurve kann das bis zu einem gewissen Grad ausgleichen und führt dann zu anderen Intonationsergebnissen, die infolge des Intonationspielraums variieren können. Diese Gesetzmäßigkeit ist auch der Grund, warum die Grifflöcher für die hellen Töne oftmals größer sind, als die für die dunklen Töne. Die Vergrößerung gleicht einen Teil des steigenden Blasdrucks aus. Abstimmung und Balance der Blasdruckkurve hängen also mit der Größe der Grifflöcher zusammen.

 

Bei der WoW-Flute ist nur ein Griffloch vergrößert. Es ist das große Griffloch für den linken Daumen. Öffnet man es allein, ergibt sich je nach Blasdruck eine übermäßige Quarte (#4) oder Quinte (5). Als #4 gespielt fügt er sich für mich am besten in die Blasdruckkurve ein.
Das große Daumenloch unterscheidet die Wowflute von der oben abgebildeten Peru-Okarina.

 

Alles in allem führt eine mit Softblowtechnik gespielte flache Blasdruckkurve zu keiner wirklich brauchbaren Tonleiter. Das mag zu ihrem schlechten Ruf beigetragen haben, da Anfänger oft mit ziemlich schwachem Blasdruck spielen. Wer Erfahrung im Okarinaspiel hat, kann die schiefen Töne mit ansteigendem Blasdruck gut korrigieren.

 

Die Mediumblowtechnik mit flacher Blasdruckkurve führt für meinen Geschmack klanglich zum besten Ergebnis. Allerdings resultiert daraus bei mir eine etwas andere Tonleiter als bei Cowlishaw. Hier die Übereinstimmungen und Unterschiede der Griffsysteme:

Cowlishaw gibt in seiner Grifftabelle C als ersten Ton an. Mit Bendingtechnik kommt er zum darunter liegenden H. Das lässt sich gut nachvollziehen. Diese beiden Töne bezeichne ich nun als 7  und 1

Aus der Anzeige des unterblasenen Grundtones lässt sich herauslesen, das Cowlishaw die Intonation der WoW-Flute zumindestens für etwa mittelstarken Blasdruck eingerichtet hat. Denn bläst man eine Okarina nur ganz zart an, erklingt ein Ton an der untersten Tonraumgrenze und dann ist Unterblasen nicht mehr möglich.

Beim  Öffnen eines kleinen Grifflochs kommt es zum ersten Unterschied, weil Cowlishaw  dafür eine große Terz (3) angibt, ich aber mit mittlerem Blasdruck auf eine b3 komme. Und das ändert auch den Rest der Tonleiter. Durch Verstärkung des Blasdrucks kann ich die Große Terz ebenfalls spielen. Aber dann kommt es zu unangenehmen Unregelmäßigkeiten in der Blasdruckkurve.

 

Vergleicht man die beiden folgenden Tabellen, sieht man, dass nicht nur der Griff für die 3, sondern auch der Griff für die 6 von mir einen Halbton tiefer in der Tonleiter eingeordnet wird, der Griff für die 7 sogar eine kleine Terz tiefer. Sollen diese Töne in der von Cowlishaw vorgesehenen Weise klingen, muss an diesen Stellen den Blasdruck erhöhen und anschließend wieder weg nehmen. Deshalb spielt sich die WoW-Flute mit dieser Grifftabelle nicht gut. Ein kleiner Trick hilft:

Um eine Dur-Tonleiter spielen zu können, definiere ich  den Tonraum neu. Dabei wird der Griff für die b3 zur 1.

 

Diese Grifffolge ergibt eine mit ausbalancierter Blasdruckkurve spielbare Tonleiter.

 

Da die Grifflöcher der WoW-Flute sehr sauber gearbeitet sind, ergeben sich für die meisten Stufen Griffvariationen. Denn anders als bei Rohrflöten spielt die Position der Grifflöcher bei der Intonation runder Okarinas eine sehr untergeordnete Rolle. Je mehr sich allerdings die Okarina streckt, um so mehr ähnelt ihr Verhalten dem einer gedackten Längs-Flöte, bei der die Position der Löcher dann doch wieder eine Rolle für die Intonation spielt. Aus Gesprächen mit Okarinabauern habe ich gelernt, dass sich bei Okarinas der Abstand zwischen Griffloch und "Fenster" mehr oder weniger auf Klang und Tonstabilität auswirken kann. Das mag mit ein Grund dafür sein, dass ich beobachten konnte, wie sich der Ton beim Wechsel der kleinen Grifflöcher ein ganz klein wenig heller oder dunkler färbte. Das ist aber so minimal, dass man das als geübter Spieler automatisch ausgleicht. Die dafür notwendige Anpassung des Blasdrucks ist sehr gering.

 

Resumé

Geht man nach den Herstellerangaben, hat die Wow-Flute den Tonumfang einer Oktave + Leitton. Das kann ich bestätigen. Die Größe und Anordnung der Grifflöcher bewirken allerdings ein Griffsystem, das anders funktioniert, als durch die Grifftabelle des Herstellers angezeigt wird.
Wenn dieses funktionieren soll, müssen die Grifflöcher etwas anders intoniert werden. Ich kenne verschiedene 6-Loch Pendants mit diesem Tonraum (8+1). Diese Insrumente haben eines gemeinsam: Die Grifflöcher sind unterschiedlich intoniert und dementsprechend verschieden groß. Die Wow-Flute hat aber 5 gleich intonierte Grifflöcher.

Deshalb vergleiche ich sie mit "Peru-Okarinas".

So einer Grifflochanordnung eine voll-chromatische Dur-Tonleiter in der von Cowlishaw dargestellten Weise abringen zu wollen, finde ich nicht sinnvoll. Mit dem von mir ausgearbeiteten Griffsystem lässt sie sich viel besser spielen und klingt dann auch schön! Fehlende chromatische Stufen lassen sich einfügen, indem man geöffnete Grifflöcher abschattet.

 

*) Polymer-Ton

= ofenhärtende farbige Modelliermasse auf Basis des Polymers Polyvinylchlorid (=PVC) ohne Tonmineralien;

 

(c) Elisabeth Stennes-Falter

15.8.2020

Linksammlung - Wow Flute

- https://sites.google.com/a/fluteforu.com/wwo/home

- https://www.wowflute.com/

- https://www.kickstarter.com/projects/wowflutes/the-wow-flute?lang=de

- https://www.facebook.com/wowflutes/