Akkordzither für Weihnachten stimmen - Hilfe zur Selbsthilfe

  • Workshop-Vorbereitung
    • Stimmgerät
    • Stimmschlüssel
    • Zithertransport
  • Warum die Zither verstimmt
  • Hinweise für erfolgreiches Stimmen

 

17.12.2016

Anfang der Woche ereilte mich per Mail ein "Notruf":

Eine bei freier Fahrt über die Autobahn eine Autostunde entfernt wohnhafte Akkordzither war seit Jahren nicht gestimmt worden und wollte gerne an Weihnachten gespielt werden! Der Klang habe sich dermaßen verändert, dass sich die Besitzer außer Stande sahen, dem Instrument brauchbare Töne zu entlocken.

Oh je!
Da musste ich doch umgehend helfen. Also quetschte ich für Gestern noch einen Termin in den dicht gedrängten Zeitplan ...

 

Um es gleich vorweg zu nehmen:

Der schönen gut erhaltenen Zither konnte geholfen werden. Allerdings musste ich sie erwartungsgemäß mehrmals stimmen, da die Spannung der Saiten nach dem ersten "Stimm-Durchgang" schon bald wieder deutlich abgesackt war. Das ist ganz normal, da sich die beim Stimmen deutlich erhöhte Saitenspannung erst einmal "setzen" muss. Deshalb benötigt man für eine große Stimmkorrektur viel Zeit!

In diesem Fall waren die zuerst gestimmten Töne bereits um gut einen Halbton gesunken, als ich den letzten Ton gestimmt hatte. Und wie lange die am Ende erreichte Stimmung hält, ist nicht vorhersehbar, wenn die Töne teilweise bis zu einer Quinte abgesackt waren. Daher war es wichtig, den Besitzern zu zeigen, wie man beim Stimmen vorgeht. Hilfe zur Selbsthilfe also.

 

Workshop-Vorbereitung

Stimmgerät

In meiner Antwortmail empfahl ich den Besitzern, ein eventuell vorhandenes Stimmgerät mitzubringen. Das hat den Vorteil, dass das Stimmen mit genau dem Stimmgerät geübt wird, das Daheim zur Verfügung steht. Denn die Anzeige der Geräte kann sich in Details unterscheiden. Und das irritiert Anfänger oft.

 

Sollte ein Stimmgerät-Neukauf anstehen, empfahl ich, mit der Anschaffung zu warten. Denn ich habe verschiedene Stimmgeräte da, deren Handhabung sich zum Teil deutlich unterscheidet. Bevor man eine Kaufentscheidung fällt, sieht man sich die besser erst einmal an.

 

Stimmschlüssel

Nicht vergessen, den passenden Stimmschlüssel mitzubringen. Stimmnägel gibt es in unterschiedlichen Größen. Ich habe deshalb verschiedene Stimmschlüssel. Aber wenn davon keiner passt, ... . 

 

Klimabox

Zur Vermeidung von Temperaturschocks, kam die Zither in einer noch geschwind gebastelten Styropor-Box angereist. Die Box hatte eine Wandstärke von gut 5 cm und schützte die in einem alten aber gut erhaltenen Karton aufbewahrte Zither vor Witterungseinflüssen und Temperaturschwankungen. Das ist sehr wichtig! Denn ohne diesen Schutz ist eine erarbeitete Stimmung ganz schnell wieder futsch!

 

Wie man so eine Box basteln kann, beschreibe ich ein anderes Mal.

 

 

Warum die Zither verstimmt

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ein Grund sind Temperaturschwankungen.

Temperaturschwankungen machen einer Zither immer zu schaffen. Denn sie lassen sowohl Holz als auch Metall arbeiten. Wie sensibel das Material der Saiten reagiert, lässt sich innerhalb von Sekunden demonstrieren, wenn man mit einer Fingerkuppe ein paar Mal eine Saite entlang streicht. Dabei erwärmt sich die Saite durch die Reibung. Auf dem Stimmgerät kann man den Vorher-Nachher-Effekt gut beobachten: Der Ton sackt je nach Temperaturunterschied sofort mehr oder weniger deutlich ab. Dasselbe passiert, wenngleich auch deutlich langsamer, wenn die Zither aus der Kälte kommend an einen warmen Platz gestellt wird. Kalt gelagerte Instrumente, die an einem warmen Ort gespielt werden sollen, müssen sich daher also erst aklimatisieren und dabei vor allem auf die Umgebungstemperatur einstellen, bevor man sie stimmt. Denn sonst war alle Mühe vergebens.

Aus demselben Grund sollte man einer Zither, deren Stimmung über dem Sollwert liegt, ebenfalls erst einmal Zeit lassen, sich einer wärmeren Umgebungstemperatur anzupassen, bevor man zum Stimmschlüssel greift. Die zu hohen Töne sinken dann ganz von allein Richtung Sollwert und vielleicht sogar darunter.

 

Hier einige der mir besonders wichtig erscheinenden Hinweise für das erfolgreiche Stimmen:

 

Die drei wichtigsten Regeln zuerst:

  • Die Zither erst stimmen, wenn sie sich aklimatisiert hat.
  • Genau ansehen, wie die Saiten um den Stimmnagel gewickelt sind. (in welche Richtung wird die Saite strammer, lockerer?)
  • Nieeeeeee eine stumme Saite stimmen!!!

Werden diese Regeln vergessen (was ich schon wiederholt beobachten konnte), kommt es zu folgenden Fehlern bzw. Misserfolgen:

  • während sich die Zither der Umgebungstemperatur anpasst, verändert sich die Tonhöhe der frisch gestimmten Zither wieder
  • Der Stimmschlüssel wird in die falsche Richtung gedreht.
  • Die Saite wird unkontrolliert stramm gezogen.

 

Dazu noch einige Erläuterungen:

  • Eine Saite immer erst anzupfen, klingen lassen und während die Saite deutlich hörbar klingt, den Stimmschlüssel vorsichtig drehen und konzentriert lauschend beobachten, wie der Ton steigt oder sinkt.
  • Sich nicht allein auf die Anzeige eines Stimmgerätes verlassen! Die Ohren erkennen auch kleine Tonhöhenveränderungen normalerweise deutlich schneller als ein Stimmgerät. Darauf muss sich ein Anfänger natürlich erst einmal konzentrieren lernen. Überhört man die Höhenveränderung und dreht weiter, während man auf die Aktualisierung der Anzeige wartet, zieht man die Saite unter Umständen viel zu weit nach oben.
  • Das Stimmgerät misst naturgemäß alles, was es "hört". Dazu gehören auch die im Instrument nachhallenden Töne. Der lauteste Ton "siegt". ;-) Bei schnellen Tonhöhenveränderungen kann es aber einen Moment dauern, bis das Stimmgerät den "neuesten" Ton erfasst hat. Das hängt mit den beim Stimmen zum Resonieren angeregten Saiten und dem dadurch entstehenden "Tonmischmasch" zusammen. Also alle Saiten abdämpfen, bis kein Ton mehr nachklingt und dann erneut die zu stimmende Saite zupfen.

 

  • Der Ton einer zu hoch gestimmten Saite kann sowohl durch Erwärmen als durch Nachgeben der Spannung wieder sinken > Wenn der Ton nur wenig über dem Soll liegt, wartet man mit der Abwärtskorrektur besser ab, bis alle Töne gestimmt sind oder das Instrument ausreichend akklimatisiert ist. Es ist durchaus möglich, dass der Ton noch zur gewünschten Stimmhöhe absackt.
  • Große Spannungsunterschiede der Saiten vermeiden. > In mehreren Etappen stimmen.
  • Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste! Fehlt die Erfahrung, lieber in kleinen Schritten stimmen. > Alle Töne nur einen Halbton oder gar nur einen Viertelton höher stimmen.
  • Die Schwingungsamplitude der zu stimmenden Saite beobachten! Je größer die Amplitude, um so tiefer ist der Ton unter dem Ton, auf den sie gestimmt werden soll. Die Saite gibt in so einem Fall sehr weich nach. Bei einer zu stramm gezogenen Saite ist die Amplitude ganz klein und die Saite fühlt sich hart an.
  • Jede Saite hat einen über mehrere Töne reichenden Bereich, in dem sie gut schwingen und klingen kann. Die Schwingungsamplitude gibt Auskunft darüber, ob dieser Bereich über oder unterschritten ist und die Saite stärker angezogen oder entspannt werden muss. Auch eine für einen Ton ungeeignete Saite kann an diesem Verhalten erkannt werden.
  • Bei entsprechender Erfahrung erkennt man, welche Saiten "schlabbern" (= eine deutlich zu große Schwingungsamplitude aufweisen) und ob man diese vorsichtig sofort ein bis zwei Tonstufen oder sogar mehr hochziehen kann. Dies kann der Fall sein, wenn die Nachbarsaiten deutlich fester gespannt sind und die "Schlabbersaite" bei einem fehlgeschlagenen Versuch sie zu stimmen stark entspannt wurde.
  •  Wer beim Stimmen Probleme damit hat, zu erkennen, ob die Saite zu stramm oder zu locker ist, sollte sich ein Stimmgerät kaufen, auf dem die Oktavzahlen der Töne ablesbar sind. (Dazu in Kürze mehr.)

 

Um beim Stimmen nicht versehentlich den falschen Stimmnagel zu erwischen oder an den falschen Ton zu denken, hat sich folgende Vorgehensweise bewährt:

  • Im Bereich der Saitenbeschriftung den linken Daumen auf die zu stimmende Saite setzen.
  • Den Namen der Note laut ablesen.
  • Mit dem linken Daumen auf der Saite Richtung Stimmnagel gleiten.
  • Daumen vor dem Steg stehen lassen und schauen, zu welchem Stimmnagel die Saite hinter dem Steg führt.
  • Stimmschlüssel auf den Stimmnagel der Saite setzen.
  • Mit dem linken Daumen vom Steg in Zupfpositon gleiten.
  • Saite mit dem linken Daumen zupfen > Stimmgerät ablesen > stimmen

Soweit eine Zusammenfassung der wichtigsten Regeln, die ich in einem Workshop beim Stimmen der Akkordzither demonstriere, erkläre und und mit dem Teilnehmer übe. Darüber hinaus werden beim praktischen Erproben der Tipps viele persönliche Fragen des Workshopteilnehmers geklärt.

Die Beschreibung meiner Stimmgeräte:

  • D'Addario Violin-Tuner > klick <
  • Korg Orchester Tuner > klick <

Befolgung der Hinweise auf eigene Gefahr!