Okarinas von Giorgio Pacchioni - Doppia

10.05.2017

Begegnungen in Budrio - Giorgio Pacchioni

Die vier Tage in Budrio vergingen wie im Flug. Und meine Merkliste, was und wen ich alles sehen und hören wollte, war lang! Ganz wichtig für mich: Giorgio Pacchioni und seine Okarinas!

 

Giorgio Pacchioni war mir wie so manch anderer Okarinabauer bereits lange durch das Internet bekannt. Naja, was heißt bekannt? Persönlich hatte ich ihn noch nie getroffen und auch sonst noch keinen Kontakt mit ihm gehabt. Aber ich hatte das ein oder andere von ihm gelesen und wiederholt Videos angesehen, in denen er seine Instrumente spielt. In Fachforen wird die Qualität seiner Okarinas immer wieder gelobt. All das hatte mich auf seine Instrumente sehr neugierig gemacht. Und so standen sie ganz oben auf meiner Wunschliste.

 

Giorgio Pacchionis (*16.7.1947) hoher Anspruch an die Qualität der Instrumente kommt nicht von ungefähr. Von 1977 bis 2006 war er Professor für Blockflöte und für die Geschichte des Kontrapunktes am "Conservatorio G.B. Martini" in Bologna.

Mit dem Bau von Okarinas begann er 1985. Er war der Meinung, dass das einst so populäre Instrument hinsichtlich der Konstruktion mehr Aufmerksamkeit verdient hätte und dass es möglich sein müsse, durch Verbesserung der Konstruktion den Klang der italienischen Okarina zu verfeinern.

Er übernahm die Bauweise des Erfinders der italienischen Okarina Guiseppe Donati und stellte alle Okarinas in Handarbeit her. Durch den Verzicht auf die Verwendung von Formen oder Maschinen war es ihm möglich, ungewöhnliche Formen und Tonskalen zu erzeugen. So experimentierte er beispielsweise mit verschiedenen ethnischen Tonleitern und stellte dafür optimierte Instrumente her.


2006 resumierte Pacchioni: "Ich habe nun fast 20 Jahre in meiner Freizeit Okarinas gebaut. Dabei war ich stets auf der Suche nach neuen Formen und Möglichkeiten, den Klang zu verbessern. Wenn wir unsere Okarinas auf dem Markt verkaufen, beobachten wir, dass die Menschen unsere Okarinas mit neu erwachendem Interesse betrachteten. Das gibt uns Hoffnung für die Zukunft."

Quelle: Übersetzung der Vitrinen-Legende im Okarinamuseum, Budrio

 

Inzwischen sind wir 11 Jahre weiter. Pacchioni verkauft zur Freude vieler passionierter Okarinaspieler nach wie vor seine excellenten Instrumente.

 

 

Eine Sammlung seiner verschiedenen Okarinamodelle liegt in den Vitrinen des Okarina-Museums in Budrio.

 

Die Eigenheiten seiner verschiedenen Okarinatypen sind nur zum Teil an der äußeren Form zu erkennen. So sind z.B. die bitonalen Okarinas mit ganz verschiedenen Stimmsystemen ausgestattet. Mit der Kornett-Okarina kann beispielsweise das Zusammenspiel des 1. und 2. Horns nachgeahmt werden. Als ich sie ausprobierte, begeisterte mich das Instrument spontan so sehr, dass ich nun so eine ungewöhnliche Okarina daheim habe. Wie man damit spielt, werde ich in einem anderen Bericht erläutern.  :-)

 

Ocarina Doppia  ist eine italienische Bezeichnung für Doppel-Okarinas. Die mit 2 und mehr Kammern ausgestatteten Instrumente werden von mehreren italienischen Okarinabauern in guter Qualität hergestellt. Die von Giorgio Pacchioni haben einen ganz besonders excellenten Ruf. Dennoch mochte ich sie nicht im Internet bestellen, sondern lieber auf dem Okarinamarkt testen. Ohne eine Okarina in die Hand zu nehmen, weiß man nun mal nicht, wie sie zu den Händen passt.

 

Ob die Doppias mit dem sogenannten Pacchioni-System ausgestattet sind, erkennt man an dem P neben der Anzeige des Stimmtons.

Mir gefällt das System mit den überlappenden Tonleitern der beiden Kammern sehr gut. Im Vergleich zu anderen 2-Kammer-Systemen ist die Tonraumspanne der Pacchioni-Doppia aufgrund dieser Überlappung kleiner. Aber wenn der Tonraum nicht reicht, kann man ja zu einem Instrument mit 3 oder 4 Kammern greifen.

 

Der Sinn des Pacchioni-Systems erschließt sich, beim Üben verschiedener den Oktavton umspielenden Melodiefiguren, wenn man erspürt, an welchen Stellen der Melodie der Kammerwechsel günstiger oder ungünstiger ist. Derzeit sammele ich schöne Melodien, die helfen, mit dieser Eigenheit vertraut zu werden. Ich denke, dass daraus dann ein Übungsbuch entstehen wird.

 

Pacchionis Instrumente gehören zu denen, die man mit entspanntem Blasdruck spielt. Natürlich spielt man auch diese Instrumente mit einer ansteigenden "Druck-Kurve". Doch die ist längst nicht so heftig, wie die der "Forte-Okarinas" z.B. von Stein. Dadurch klingt das Instrument weicher, ist nicht so laut und die hohen Töne verlangen für die saubere Intonation deutlich weniger Druck. Dies alles, sowie die Form des Instruments macht mir das Spiel auf der 2-Kammer-Okarina von Pacchioni sehr angenehm.

In Budrio war Gelegenheit, sich dieses Stimmsystem in einem Meisterkurs von Pacchioni persönlich erklären zu lassen. Unglücklicherweise überschnitt sich der Termin mit anderen Veranstaltungen des Festivals, die mir ebenfalls wichtig waren. Aber wenigstens mal kurz zuhören, war möglich.


Als ich am Samstag Morgen gegen 9:45h zur Bibliothek kam, hörte ich auf der Gasse Okarinaklänge. Die Türe stand offen. Ich war nicht die einzige, die sich hinein schlich. Giorgio Pacchioni probte mit seinem Gitarristen und traf letzte Absprachen für den um 10h beginnenden Meisterkurs.

Als die Probe endete, fragte ich ihn, ob er auch auf dem Okarinamarkt zu finden sei. Ja, klar. :-)  Sehr schön! Das durfte ich nicht verpassen! 

 

Auf dem Okarina-Markt in Budrio fand ich seinen Stand am Sonntag Nachmittag neben Hans Houkes, dem niederländischen Okarina- und Huaca-Bauer.

Auf Pacchionis Tisch lag eine Sammlung rötlicher und weißer Okarinas. Und welche nehme ich jetzt? In Englisch konnten wir uns ganz gut verständigen. Ich testete ... erhielt einige Unterweisungen vom Meister ... und war sehr glücklich, dass der Kammerwechsel mit der Doppia G4 im Nu funktionierte! Nun heißt es Üben! Üben! Üben!, damit auch bald schöne Melodien klappen.

 

Die Kornett-Okarina setzte ich an und spielte sofort munter zweistimmig los. War das ein Vergnügen!

 

Das Pacchioni-System

 

Erklärung der Grifftabelle:

Die Symbole entsprechen der Draufsicht vom Spieler aus gesehen. Man stelle sich die Okarina waagerecht gehalten vor, die Anblasöffnung am Mund.

Die römischen Zahlen zeigen an, welche Kammer angeblasen wird (I=links oder II=rechts).

 I - Daumen und Finger der linken Hand + Finger der rechten Hand

II - Daumen der linken Hand + Finger und Daumen der rechten Hand

 

Die untersten Punkte/Kreise stellen die Grifflöcher der Zeigefinger dar.

Die obersten Punkte/Kreise stellen die Grifflöcher der kleinen Finger dar.

Die einzelnen Punkte rechts und links außen stellen die Daumenlöcher für den rechten und linken Daumen dar.

Das Dreieck ist ein 2. Loch für den linken Daumen. Es gehört zur kleinen Kammer.

 

Konzert - Budrio 2017

Giorgio Pacchioni spielte in Begleitung des Pianisten Roberto Bonato

 

- G. Paccioni: op. 65 Nr. 7  Minuetto pastorale 

- G. Paccioni: op. 65 Nr. 3  Saltarello Nr. 3 (Sofia)

- G. Paccioni: op. 65 Nr. 4  Balletto Nr. 4 (Margherita)

- G. Paccioni: op. 65 Nr. 2  Balletto Nr. 2 (Bianca)

- W.A. Mozart: Variazioni sopra "Se vuol ballare signor Contino" 

 

Ich habe es sehr genossen, ihn auf der Bühne live zu erleben! Ist ja doch etwas ganz anderes, als am PC ein Video anzusehen. :-)

29.4.2017 Abendkonzert im Theater von Budrio, Italien
29.4.2017 Abendkonzert im Theater von Budrio, Italien

Links und Quellen

 

Auf seiner Webseite erfahrt ihr mehr über ihn und seine Musik. Dort und in seinem Videokanal stellt er für Okarinaspieler sehr viel Material zur Verfügung. Mit unermüdlichem Einsatz schuf er eine umfangreiche Musikbibliothek! Danke Giorgio !!!
https://en.wikipedia.org/wiki/Giorgio_Pacchioni
https://www.youtube.com/channel/UCDsP7Qsg4CfDk8W65FY3ssg

 

http://www.giorgiopacchioni.com/

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