Karl Foltz

(* 9.6.1918     + 21.5.1999)

Lehrer, Musiker und Komponist

 

Er folgte seiner größten Liebe

 

Nachruf von E. Stennes-Falter
Mai 1999

... Wege ...

Karl Foltz darf als Pionier der musikalischen Früherziehung angesehen werden, da er nach dem zweiten Weltkrieg der erste in Deutschland war, der in seiner Musikschule (Karl Foltz Institut, Köln-Marienburg) Vorschulkinder aufnahm. Die erste Vorschulgruppe, er nannte sie "Babyklasse", entstand, als er die Freude der eigenen Kinder an der Musik beobachtete und sie zusammen mit deren Freunden zu unterrichten begann. Mit dieser Idee wurde er zum Wegbereiter der heute in ganz Deutschland völlig selbstverständlichen Musikalischen Früherziehung. Diese geht inzwischen allerdings zum Teil völlig andere Wege, als Karl Foltz es mit seinem pädagogischen Konzept vorlebte.


Karl Foltz setzte sich vehement dafür ein, daß Kindern Musik als ganzheitliches, in der Körperlichkeit begründetes Erlebnis erfahrbar gemacht, und ihr als Grundbedürfnis verwurzelter Drang nach Bewegung einbezogen wird in ein Lehrfach, daß bis dahin geprägt war vom "Stillsitzen" und Noten lesen und ein hohes Maß an feinmotorischen Fertigkeiten voraussetzte, was Vorschulkindern in dieser Weise nicht abverlangt werden kann.

In seinen "Babyklassen" bewies Karl Foltz, daß schon Kleinkinder Zugang zur Musik haben, nur eben anders. Durch die Entwicklung seiner Methodik und Didaktik der Basalen Musikerziehung und der Schaffung neuen Liedgutes, wurde er den besonderen Anforderungen dieser Altersstufe gerecht.

 

In "Hörst Du nicht den feinen Ton" veröffentlichte Karl Foltz 1958 nicht nur seine erste Liedsammlung für den Musikunterricht, sondern auch seine Methodische Wegweisung, die als Meilenstein der Musikpädagogik angesehen werden darf. Hier wurde in "Telegrammstil" ein Weg in die Musik definiert, der später im Curriculum des Verbandes deutscher Musikschulen offensichtlich seinen Niederschlag fand.

 

Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die Melografie, das Foltzsche Tonwortsystem, seine Funktionssprache und die "wandernde Hand", mit denen er den Musikpädagogen genau definierte didaktische Hilfsmittel gab, melodische Vorgänge für Kinder faßbar, konkret definierbar und leiblich erlebbar zu machen. Seine Art mit Musik umzugehen, sie zu entschlüsseln, führte zu der Definition:
Musik ist Relationskunst, nicht Tonkunst.

 

Die Entwicklung dieses völlig neuen musikpädagogischen Konzepts, das erstmalig einen Musikunterricht bereits im Vorschulalter für ganz normal begabte Kinder ermöglichte, begann, als Karl Foltz 1946 vorschlug, im Rahmen der an der else-lang-schule, köln stattfindenden Kinderkurse zusätzlich zur tänzerischen Bewegungserziehung die "Musische Erziehung" anzubieten.
Später bewährte sich diese Methode auch bei erwachsenen Laien. In der else-lang-schule, Köln wurde neben der tänzerischen und gymnastischen Ausbildung zusätzlich der "Schwerpunktbereich Basale Musikerziehung" eingerichtet, wo die Studierenden für dieses Fach eine Lehrbefähigung erwerben konnten.


Karl Foltz' Tätigkeit als Seminarleiter für Tänzer, Erzieher und Musikpädagogen führte zwangsläufig verstärkt zu intensiven Fachdiskussionen. Diese schlugen sich nieder in Aufsätzen und Referaten, die er im Laufe der Zeit in unterschiedlichen Fachzeitschriften veröffentlichte. In ihnen formulierte Karl Foltz Ziele und Inhalte seiner Methode. Da diese nach adäquaten Unterrichtsinhalten verlangte, komponierte er für den Unterricht speziell auf die Bedürfnisse der Gruppen abestimmte Lieder, Rufe, Spiele, Instrumentalstücke, Sprechspiele und Rhythmicals und erläuterte in den Vor- und Nachworten der Veröffentlichungen, wie er sich den Umgang mit seinen Werken vorstellt. Sein Wirken als Musikpädagoge stand so in ständiger Wechselbeziehung zu seiner Tätigkeit als Musiktheoretiker, Komponist, Textdichter und Fachschriftsteller.

 
Letztlich sieht Karl Foltz die Entwicklung seiner Basalen Musikerziehung als eine Reaktion auf das Erlebnis Tanz. Schon während seiner Studienzeit wirkte Karl Foltz als Pianist u.a. im Ballettunterricht der Folkwang-Schule, Essen. Das entscheidende Schlüsselerlebnis aber war die Begegnung mit Else Lang. Ihr Tanzunterricht faszinierte ihn derart, daß er sich entschloß, einige Jahre bei ihr Tanz zu studieren. Das Erlebnis Tanz in den praktischen Unterrichtsstunden bei Else Lang war so prägend, daß der angehende "Kapellmeister" seine Zukunftspläne über Bord warf und seine Aufgabe darin sah, Musik als Tanz im Tonraum zu erkennen und zu definieren.


Als aus der Arbeitsgemeinschaft mit Else Lang eine Lebensgemeinschaft geworden war, sah Karl Foltz seine wichtigste Aufgabe darin, Else Langs Tätigkeit als Tänzerin und Tanzpädagogin zu unterstützen, ihr Lebenswerk zu archivieren und somit als persönlicher Sekretär behilflich zu sein. Auf seine Initiative hin z.B. veranlaßte das Kultusministerium 1948 die Formulierung einer neuen Ausbildungsordnung für den Fachbereich Tanz und Else Lang wurde durch den Regierungspräsidenten der Stadt Köln zur "Fachberaterin für Tanz" berufen. Daraus ergab sich auch die Übertragung der tänzerischen Fortbildung der Kölner Turnlehrerinnen an Else Lang, in deren Rahmen mit Karl Foltz langjährige Sonderkurse (Tänzerische und Musikalische Bewegungsbildung) für die Kölner Hochschule für Musik eingerichtet wurden. Außerdem unterstützte Karl Foltz Else Lang mit seiner Korrespondenz bei der Gründung des Deutschen Tänzerbundes, die 1949 erfolgte, deren Vorsitzende Else Lang wurde und der viele Jahre auch seine tatkräftige Präsenz als Vorstandsmitglied, in Lehrgängen und anderen Aufgaben erforderte. Sein Lebenswerk wurde auch geprägt von den umfangreichen Aufgaben und Aktivitäten, die sich aus der Trägerschaft und Verwaltung der beiden privaten und zugleich staatlich anerkannten Bildungseinrichtungen ergaben: der else-lang-schule, köln und des karl-foltz-instituts, das viele Jahre dem Verband deutscher Musikschulen angeschlossen war.


Durch die Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens, das der Oberbürgermeister der Stadt Köln, Norbert Burger, Karl Foltz am 16.2.1982 im Muschelsaal des historischen Rathauses der Stadt Köln überreichte, wurde sein großer persönlicher Einsatz für Bildung und Kultur schließlich öffentlich gewürdigt.


1990 schlossen Else Lang und Karl Foltz im Alter von 84 und 72 Jahren die else-lang-schule und das karl-foltz-institut. Bis zuletzt hatten sie ihre privaten Bildungseinrichtungen, die vielen jungen Menschen zu einem Start in ein erfolgreiches Berufsleben verhalfen, unter großem persönlichem Einsatz selbst geleitet. Wofür auch Else Lang 1982 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens erhielt.
Karl Foltz war eine prägende, äußerst bestimmende und auch sehr streitbare Persönlichkeit. Die Art und Weise mit der Karl Foltz seine Einstellung Kollegen gegenüber vertrat und die Methode seiner Basale Musikerziehung vermittelte, machte manchen Erwachsenen den Zugang zu dem, was Kinder mit spielerischer Leichtigkeit erfaßten, schwer. Diejenigen, die inzwischen seit Jahrzehnten seine Methode erfolgreich anwenden, werden jedoch gerne bestätigen, daß die Basale Musikerziehung ein "Geniestreich" war! Daß ihn so viele Kinder liebten, beweist, daß in der rauhen Schale ein sehr sanfter Kern steckte.

 

Am 21.5.1999 verstarb Karl Foltz und folgte auch darin seiner größten Liebe.

 


Elisabeth Stennes-Falter
Mai 1999